Berlin, 12. Juni 2025 — Die heute veröffentlichten Zahlen der Vereinten Nationen1 bestätigen erneut einen traurigen Rekord: Über 122 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht – fast eineinhalb mal so viele Menschen wie in Deutschland leben und zwei Millionen mehr als im Vorjahr.
Trotz des weit verbreiteten Irrglaubens, dass die meisten Menschen in wohlhabende Staaten des globalen Nordens flüchten, findet die überwältigende Mehrheit – 73 Prozent – der Geflüchteten Schutz in Ländern mit niedrigem oder mittlerem Einkommen. 60 Prozent der Menschen auf der Flucht überqueren nie eine internationale Grenze. Besonders deutlich zeigt sich der Einfluss der Klimakrise: 45,8 Millionen Menschen mussten 2024 infolge von klimabedingten Ereignissen ihre Heimat verlassen – ein Anstieg von 74 Prozent gegenüber 26,3 Millionen im Vorjahr.
Ein Drittel aller Vertriebenen weltweit stammt aus nur vier Ländern: Sudan, Syrien, Afghanistan und der Ukraine. Die neuen Zahlen zeigen auch, dass in Regionen, in denen Hunger- und Unterernährungsraten weltweit am höchsten sind, auch besonders viele Menschen fliehen müssen. Beispielhaft für diesen Trend stehen das besetzte palästinensische Gebiet und die Demokratische Republik Kongo. In Ländern auf der ̽»¨¾«Ñ¡ (̽»¨¾«Ñ¡) Emergency Watchlist – darunter Sudan, Afghanistan und Jemen – überschneiden sich die Negativauswirkungen von Gewalt, Klimakrise und Armut.
Dass in diesen Krisengebieten überproportionale Kürzungen in den global verfügbaren Geldern für humanitäre Hilfe drohen, verschärft die Gefährdung für Gemeinden vor Ort weiter.
David Miliband, Präsident und CEO von ̽»¨¾«Ñ¡ (̽»¨¾«Ñ¡), betont: „Seit mehr als einem Jahrzehnt steigen die Zahlen von Menschen auf der Flucht immer wieder neue Rekordwerte. Das macht deutlich: Konflikte werden nicht verhindert oder gelöst, Zivilist*innen werden unzureichend geschützt und sichere Zufluchtsorte fehlen.
Diese erschreckenden Zahlen zeigen klar: Jetzt ist nicht der Moment, um die Budgets für humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit zu kürzen. Gleichzeitig zeigt sich, wie wichtig sichere Zugangswege, wie Programme für Resettlement und humanitäre Aufnahme in Länder des Globalen Nordens sind. Und: Wenn die Bedingungen es zulassen, wollen einige Menschen auch zurück in ihre Heimat. Das zeigt sich in Syrien, wo es nach einem Jahrzehnt des Krieges entscheidend ist, dass das Land weiterhin Unterstützung erhält.
Auf diesen tragischen Rekord muss die Weltgemeinschaft entschlossen reagieren. Das Problem sind nicht die Menschen, die vor Krieg fliehen, – ihre Flucht ist nur die Konsequenz fehlenden politischen Handelns. Anstatt sich der Verantwortung zu entziehen, ist jetzt der Moment, ihr gerecht zu werden – durch Unterstützung für die besonders schutzbedürftigen Menschen und durch diplomatisches Engagement, die Instabilität an der Wurzel angeht.“
Corina Pfitzner, Geschäftsführerin von ̽»¨¾«Ñ¡ Deutschland, kommentiert: „Die Welt steht an einem Wendepunkt. 122 Millionen Menschen sind derzeit zur Flucht gezwungen – ein weiterer Anstieg der Zahl, den wir niemals als unabänderlich akzeptieren dürfen. Ebenso wenig dürfen wir akzeptieren, dass trotz Herausforderungen auf unserem Kontinent die Bereitschaft schwindet, internationale Hilfe zu leisten - wir müssen auch in Deutschland Verantwortung für schutzsuchende Menschen übernehmen. Nicht nur werden die Budgets für humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit seit Jahren kontinuierlich gekürzt, die neue Bundesregierung fährt jetzt einen Kurs der Abgrenzung.
Fast zwei Drittel aller Geflüchteten finden Schutz in Nachbarländern – häufig in Staaten, die selbst von Armut und Instabilität betroffen sind. Das zeigt deutlich: Die Zahl der Menschen, die in Deutschland Schutz suchen, ist mehr als bewältigbar. Und trotzdem schottet die neue Bundesregierung ab – auch an den deutschen Grenzen, obwohl das Berliner Verwaltungsgericht bereits entschieden hat, dass generalisierte Zurückweisungen an den Grenzen rechtswidrig sind. Wer das Asylrecht aushöhlt, untergräbt die Grundwerte unseres Rechtsstaats und Europas.
Es ist ganz einfach: Geflüchtete – und die Gemeinden, die sie aufnehmen – verdienen unsere Solidarität und Unterstützung. Wenn wir sie einbeziehen, können sie nicht nur überleben, sondern auch mitgestalten und teilhaben.“
1Die Statistik umfasst Menschen, die aufgrund von Konflikten, Katastrophen und Verfolgung ihre Heimat verlassen mussten, ob innerhalb des Landes oder über Grenzen hinweg. In den letzten zehn Jahren hat sich die Zahl der Geflüchteten und Binnenvertriebenen mehr als verdoppelt. Besonders alarmierend: 40 Prozent der Menschen auf der Flucht weltweit sind Kinder unter 18 Jahren.