70 Prozent der Kinder in Gaza leiden unter Schlafstörungen; fast jedes fünfte Kind zieht sich zurück oder spricht kaum.
Jedes dritte Kleinkind hat in den 24 Stunden vor der Befragung einen ganzen Tag lang nichts gegessen.
Fast drei Viertel der Familien mit Kindern unter fünf Jahren berichten über sichtbare Anzeichen von Unterernährung.
Nur 1 Prozent der Haushalte in Gaza gilt als ernährungssicher.
Amman, Jordanien, 24. September 2025 — Kinder in Gaza sind nach wie vor am stärksten von den Folgen des Krieges betroffen. Nach fast zwei Jahren israelischer Bombardierungen und der jüngsten Bodenoffensive des israelischen Militärs in Gaza-Stadt verzeichnete ̽»¨¾«Ñ¡ einen Anstieg der Kinderschutzfälle um 48 Prozent in den vergangenen Wochen. Immer mehr Kinder erleiden schwere Verletzungen – vor allem durch Splitter. Auch die Zahl der Amputationen infolge dieser Verletzungen nimmt zu. Gaza hält inzwischen den erschütternden Rekord der weltweit höchsten Zahl an amputierten Kindern pro Kopf – Schätzungen zufolge bis zu 4.000 seit Kriegsbeginn.
Ciarán Donnelly, Senior ̽»¨¾«Ñ¡-Vizepräsident für Krisenreaktion, Wiederaufbau und Entwicklung, sagt: „Das sind Kinder, die Gliedmaßen verloren haben, die schreiend aus Albträumen erwachen und die sich selbst in ihren Familien nicht mehr sicher fühlen. Unsere Teams setzen alles daran, ihnen beizustehen. Doch ohne sicheren Zugang und grundlegende Hilfsgüter droht ihre Genesung vollständig zum Stillstand zu kommen.“
Die Belastungen sind nicht nur körperlich: Kinder, die mehrere Angehörige verloren haben, leiden unter tiefen seelischen Wunden – Angstzuständen, Albträumen, plötzlicher Aggression oder der ständigen Furcht, allein gelassen zu werden. ̽»¨¾«Ñ¡-Teams beobachten, dass Kinder zunehmend zu schädlichen Bewältigungsstrategien greifen – etwa Betteln, Plündern oder Kinderarbeit. Gleichzeitig suchen viele Halt in positiven Ausdrucksformen wie Zeichnen, Spielen oder in neuen Freundschaften.
Dieses Trauma wird durch extreme Ernährungsunsicherheit zusätzlich verschärft. Eine im vergangenen Monat durchgeführte ̽»¨¾«Ñ¡-Bedarfsanalyse1 ergab: Jedes dritte Kind unter drei Jahren hatte in den 24 Stunden vor der Befragung nichts gegessen. Fast drei Viertel der Familien mit Kleinkindern beobachteten sichtbare Anzeichen von Unterernährung. Lediglich ein Prozent der Haushalte gilt als ernährungssicher. Viele Familien lassen Mahlzeiten aus, verkleinern Portionen und haben kaum oder gar keinen Zugang zu proteinreichen oder frischen Lebensmitteln.
Trotz dieser Umstände berichten ̽»¨¾«Ñ¡-Teams von der beeindruckenden Stärke und Resilienz vieler Kinder. Ein Junge mit Gehbehinderung, den seine Mutter regelmäßig zu den ̽»¨¾«Ñ¡-Programmen trägt, verarbeitet seine Erlebnisse durch Zeichnungen. Ein Mädchen im Teenageralter, das sich lange nicht aus ihrem Zelt traute, nimmt inzwischen wieder an Aktivitäten mit Gleichaltrigen in provisorischen Lernräumen teil.
Faten Tarawa, ̽»¨¾«Ñ¡-Managerin für Kinderschutz in den besetzten palästinensischen Gebieten, betont: „Wir sehen diese Stärke jeden Tag – in der Begeisterung, mit der Kinder unsere sicheren Räume aufsuchen. Dort können sie ein Stück Kindheit zurückgewinnen, das ihnen dieser Krieg genommen hat. Wenn Kinder Sicherheit, Ermutigung und Gemeinschaft erfahren, beginnen sie zu heilen – selbst unter den härtesten Bedingungen.“
Doch die Lücken bleiben groß: Prothesen und Reha-Angebote sind extrem knapp, Traumatherapie ist kaum verfügbar, und Hilfsgüter erreichen Gaza kaum aufgrund der nahezu vollständigen Blockade humanitärer Lieferungen durch die israelische Regierung kaum nach Gaza. Sichere Räume sind überfüllt, das Bildungssystem droht angesichts wachsender Unterernährung zu kollabieren.
̽»¨¾«Ñ¡ fordert dringend schnellen und ungehinderten humanitären Zugang, damit Kinder den Schutz, die Nahrung und die Versorgung erhalten, die sie so dringend brauchen. Vor allem müssen Kinder vor weiterer Gewalt geschützt werden. Hilfseinsätze müssen ohne Einschränkungen fortgeführt werden können. Ein sofortiger Waffenstillstand ist unerlässlich, um die Sicherheit der Zivilbevölkerung in Gaza zu gewährleisten und die verbliebenen Geiseln freizulassen.
1Die ̽»¨¾«Ñ¡-Bedarfsanalyse wurde unter 469 vertriebenen Familien in Gaza-Stadt, Deir El Balah und Teilen von Khan Younis durchgeführt.