Mohamud Hassan Adde erkennt die Anzeichen einer drohenden Dürre sofort. Seit seiner Kindheit hat der Hirte schon viele Dürren erlebt. Jedes Mal musste er mitansehen, wie seine Ziegen eine nach der anderen starben. Er musste seinen Kindern erklären, dass er ihr Schulgeld nicht mehr bezahlen konnte und er sah, wie seine Ersparnisse sich in Schulden verwandelten. Vor einigen Monaten bemerkte Mohamud den staubigen Wind, die steigenden Temperaturen und den wolkenlosen, endlos blauen Himmel – Zeichen, die er nur zu gut kennt. Doch als die Dürre dieses Mal kam, war alles anders.

 Wie Dürren das Überleben von Millionen gefährden

Viele Somalier*innen wie Mohamud haben durch die wiederkehrenden Dürren immer wieder ihre Lebensgrundlage verloren. Das Land erholt sich noch von der schlimmsten Dürre seit 40 Jahren (2021–2023), die in Ostafrika zu einer schweren Nahrungsmittelkrise führte: Mehr als 7,9 Millionen Menschen – etwa die Hälfte der Bevölkerung Somalias – waren betroffen. Neben der Klimakrise sind Teile der Bevölkerung zusätzlich von Konflikten und Vertreibung betroffen. Humanitäre Nothilfe erreicht sie oft erst am Höhepunkt der Dürre, wenn die schlimmsten Folgen längst sichtbar und spürbar sind: Kinder, die die Schule verlassen müssen, Unterernährung in den Familien und tote Nutztiere. Für Hirt*innen wie Mohamud kam die Hilfe in der Vergangenheit oft zu spät.

 

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In der Vergangenheit hat Hirte Mohamud Hassan Adde die meisten seiner Ziegen durch Dürren verloren.
Foto: Awale Abdikadir für ̽»¨¾«Ñ¡

Wenn Vorhersagen Leben retten 

Gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt (AA) setzt ̽»¨¾«Ñ¡ in Somalia ein Projekt zur vorausschauenden humanitären Nothilfe (anticipatory action) um, das die Auswirkungen von Dürren auf gefährdete Gemeinden reduziert. Mithilfe von Wettervorhersagen können Risikoregionen frühzeitig identifiziert und gewarnt werden. Sobald ein extremes Wetterereignis prognostiziert wird, erhalten Familien über mehrere Monate präventive Bargeldzahlungen um sich auf Dürren oder Überschwemmungen vorzubereiten. Mohamud nutzte dieses Geld gezielt:

„Die Bargeldhilfe hat uns sehr geholfen. Wir haben damit Wasser gekauft, unsere Schulden bezahlt, Kleidung beschafft und das Schulgeld gezahlt. Alle Menschen haben Bedürfnisse und wir konnten so viele von unseren decken. Ohne die Bargeldhilfe wären viele Tiere gestorben und wir hätten sehr viel verloren.“

Dieser datenbasierte Ansatz verschafft Familien klare Vorteile gegenüber traditioneller humanitärer Nothilfe, die die Bevölkerung erst nach einer Krise erreicht. Erstens werden die schlimmsten Auswirkungen wie Ernteausfälle und der Tod von Vieh abgemildert, weil Hirt*innen rechtzeitig zusätzliches Wasser und Futter beschaffen können. Zweitens spart dieser Ansatz Kosten, da während und nach der Krise weniger humanitäre Hilfe benötigt wird. Und drittens bewahrt er Familien davor, auf problematische Bewältigungsstrategien zurückzugreifen – etwa ihre Tiere zu verkaufen oder ihre Kinder aus der Schule zu nehmen.

Für Mohamud hat diese proaktive Hilfe den entscheidenden Unterschied gemacht: „Früher haben die Dürren viele meiner Tiere getötet. Dieses Mal kam das Geld, als unser Vieh noch lebte und so konnten wir die Tiere retten. Es hat uns wirklich geholfen und unsere Würde bewahrt.“

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Mohamud nutzte die Bargeldhilfe, um seine Tiere und seine Kinder zu versorgen.
Foto: Awale Abdikadir für ̽»¨¾«Ñ¡

Die Verlässlichkeit der Zahlungen, die immer am selben Tag im Monat erfolgten, erleichterte ihm die Planung. Mohamud erhielt jedes Mal eine Handybenachrichtigung, sobald das Geld zur Abholung bereitstand und bekam sechs Monate lang Unterstützung. Da auf Dürren oft starke Regenfälle folgen, investierte er außerdem in Materialien, um seine Unterkunft wetterfester zu machen. Am wichtigsten war für ihn jedoch: Seine Kinder konnten in der Schule bleiben. Er hofft, dass sie in Zukunft weniger stark von der Klimakrise betroffen sein werden.

Wie Bargeldhilfe Fadumos Familie durch die Dürre bringt

Eine weitere Klientin ist Fadumo Dahir Ali, eine 30-jährige Mutter aus der Region Mudug. Ihre Familie erholte sich gerade erst von der letzten Dürre, als Fadumo erneut Veränderungen in den Regenmustern bemerkte. „Uns ging es sehr schlecht. Die Kinder waren schwach. Sie hatten kein Essen, keine Medizin, keine Kleidung. Ich konnte kein Futter für meine Ziegen kaufen. Wir standen vor riesigen Herausforderungen und unsere Tiere wurden immer schwächer“, so erinnert sie sich an die Dürre 2021–2023, die ihre Familie schwer traf.

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Fadumo hatte während früherer Dürren Schwierigkeiten, ihre Kinder zu ernähren.
Foto: Awale Abdikadir für ̽»¨¾«Ñ¡

Durch das Programm für vorausschauende humanitäre Nothilfe erhielt Fadumo fünf Runden Bargeldhilfe, die ihr Leben entscheidend veränderten. Sie stellte die Gesundheit ihrer Kinder an erste Stelle, kaufte Medikamente und brachte sie zu Vorsorgeuntersuchungen. Mit dem restlichen Geld stockte sie Tierfutter und Grundnahrungsmittel wie Mehl, Zucker und Nudeln auf. Dank der frühzeitigen Hilfe konnte Fadumo sowohl ihre Kinder als auch ihr Vieh schützen.

„Früher bekamen wir die Unterstützung erst, nachdem unser Vieh gestorben war und unsere Kinder bereits schwer krank waren. Sowohl Kinder als auch Erwachsene wären fast gestorben und erst dann kam das Geld. Aber dieses Mal erhielten wir es rechtzeitig. Es hat uns und unser Vieh gerettet. Ohne ̽»¨¾«Ñ¡ hätten wir nicht überlebt.“

Ganzheitliche Hilfe

 In Somalia arbeitet ̽»¨¾«Ñ¡ gemeinsam mit dem und demdaran, humanitäre Nothilfe mit langfristiger Entwicklungszusammenarbeit und Programmen zum sozialen Zusammenhalt zu verbinden. Dieser Ansatz nennt sich Humanitarian-Development-Peace Nexus, kurz HDP Nexus. Die Förderung des Auswertigen Amts konzentriert sich auf kurzfristige humanitäre Nothilfe und unterstützt in Bereichen wie Unterernährung und Gesundheitsversorgung. Ein fortlaufendes BMZ-Projekt setzt in denselben Regionen auf die Entwicklung von Einkommensquellen für Menschen wie Fadumo und Mohamud. Zusammen stärken diese Projekte die Widerstandsfähigkeit der Bevölkerung gegenüber der Klimakrise, sichern die medizinische Grundversorgung und schaffen neue wirtschaftlicher Perspektiven.

Auswärtiges Amt

Das Projekt wird vom Auswärtigen Amt (GFFO) finanziert.